Im Sommer und Herbst 2002 gab es in Lendas eigentlich nur Katzenbabys und Jungkatzen, die jemandem gehörten, und diese waren alle im Laufe dieses Jahres von den Einwohnern neu ins Dorf gebracht worden, da im Winter zuvor alle Katzen (und auch fast alle Hunde) vergiftet worden waren. Da als Folge davon im darauffolgenden Sommer eine echte Mäuseplage herrschte (in der einen Woche unseres Aufenthalts Ende August wurden allein auf unserem Zimmerflur 3 Mäuse mit der Falle gefangen, unsere Zimmerwirtin Yiota zeigte mir T-Shirts, Handtücher, Bettlaken und Lebensmittel, die in ihrer Wohnung von Mäusen angenagt worden waren), waren Katzen in Lendas plötzlich heiß begehrt.

Das namenlose Kätzchen, das mein Sohn für eine Nacht "Yiota" taufte (nach unserer Zimmerwirtin), fand ich am letzten Abend unseres Aufenthalts auf einem Baum zwischen der Taverne von Lefteris und dem Supermarkt von Maria. Ich hatte mich nach 22 Uhr auf unseren Balkon gesetzt, um ein Buch zu lesen, als ich in der Nähe ein Kätzchen schreien hörte - ein Geräusch, dem ich unweigerlich auf den Grund gehe. Nach längerem Suchen und Rufen fand ich das Kätzchen schließlich in der Dunkelheit auf dem Baum sitzen. Als ich es lockte kam es herunter, ließ sich streicheln, drückte sich an mich und schnurrte wie ein Motor. Hunger hatte es offensichtlich nicht besonders, denn an der mitgebrachten Wurst hatte es kaum Interesse, aber es war einsam und sehr liebebedürftig.

Da ich dachte, daß es wohl niemandem gehören würde (warum hätte es sonst auf einem Baum nach Gesellschaft rufen sollen) nahm ich es mit auf unser Zimmer. Für die Nacht füllten wir die Waschwanne mit Sand vom Strand, damit das Kätzchen ein Klo hatte. Es schlief zuerst bei meinem Sohn im Bett, später in der Nacht kam es zu mir. Bis dahin hatte ich eigentlich schon beschlossen, die Kleine am nächsten Tag mit nach Chania und 3 Tage später mit nach Deutschland zu nehmen.

Am nächsten Morgen bat mich aber unsere Zimmerwirtin Yiota, das Kätzchen doch bei ihr zu lassen, da sie sowieso eine Katze bräuchte (wegen der Mäuse), und sie versprach mir auch, sich gut um sie zu kümmern.

Ich kenne Yiota (und die ganze Familie) seit über 10 Jahren und weiß, daß sie tierlieb sind. Seit Jahren haben sie einen Hund - Ben - der wie ein Kind zur Familie gehört, im Haus (und teilweise auch im Bett) schläft, für den extra gekocht wird (da er kein Dosenfutter mag) und der (seit der Vergiftungsaktion) nur noch an der Leine im Ort spazieren geführt wird. Wenn er ein Wehwehchen hat, scheut man auch die Mühe nicht, eine Stunde Fahrzeit bis zum Tierarzt in Mires auf sich zu nehmen - es gibt auch auf Kreta Familien, die sich gut um ihre Tiere kümmern!

Mit Katzen hatten sie keine Erfahrung, aber nach vielen guten Ratschlägen und dem eindringlichen Appell, unbedingt im nächsten Monat bei Silke Wrobel in Chania anzurufen, um zu veranlassen, daß das Kätzchen kastriert wird, ließ ich die Kleine schließlich schweren Herzens bei Ihnen zurück.

Als ich im letzten Dezember bei Yiota anrief, um mich nach dem Kätzchen zu erkundigen erzählte sie mir, daß sich kurz nach meiner Abreise herausgestellt hatte, daß das Kätzchen Lefteris gehörte, und natürlich hatte sie es ihm zurückgegeben. Sicher ist die Kleine also nicht kastriert worden, wer weiß, wie es ihr ergangen ist und ob sie überhaupt noch lebt. Da ich zurzeit mit Geld sehr knapp bin ist der Kretaurlaub in diesem Jahr ausgefallen, und ich weiß deshalb nicht, was aus ihr geworden ist.