Billy (September 2002) Billy verschwunden -> Suchplakat

Zu den unerfreulichsten Erfahrungen bei der Tiervermittlung gehört es, wenn man feststellen muß, daß man einen Fehler gemacht und Tiere in die falschen Hände gegeben hat.

Seit mehr als einem Jahr versuche ich nun schon den im Herbst 2002 vermittelten Kater zurück zu bekommen. Jetzt behauptet die Familie kurz vor der Gerichtsverhandlung, der Kater wäre weggelaufen.


Anfang September 2002 brachte ich aus Kreta einen Wurf von 4 ca. 7 Wochen alten Kätzchen mit, die Silke Wrobel in ihrem Infoladen "Noah's kleine Arche" selbst mit der Flasche aufgezogen hatte. Alle 4 waren sie rot mit weißen Flecken - drei kleine Kater und eine Kätzin.

Schon wenige Tage später hatte ich zwei davon vermittelt, selbstverständlich mit Schutzvertrag. Abgeben konnte ich sie allerdings erst Ende September, da sie anfangs leichten Katzenschnupfen bekamen und auch noch vorsorglich gegen Hautpilz behandelt werden mußten. Kater Billy und Kätzin Maggie zogen schließlich bei einer jungen Familie ein, die noch keine Erfahrung mit der Katzenhaltung hatte.

Entsprechend oft wurde ich anfangs angerufen und um Rat oder Hilfe gebeten. Als Maggie z.B. nach 2 Wochen Durchfall bekam rief Herr B. (Name geändert) mich sonntags an. Ich kam sofort und holte das Kätzchen ab, behandelte es kostenlos gegen Bandwürmer, brachte es am nächsten Tag zurück und behandelte Billy ebenfalls (auf die ausstehende Bandwurm-Behandung hatte ich übrigens im Vertrag bereits hingewiesen). Da die Familie für Ihre beiden Kätzchen nur ein Katzenklo hatte, brachte ich ihnen leihweise ein mit Streu gefülltes zweites Katzenklo, das ich mehrere Wochen später ohne Streu wieder abholen durfte - ebenfalls kostenlos. Und als Billy bereits im Dezember 2002 im Alter von 5 Monaten geschechtsreif wurde, in der Wohnung markierte und versuchte sich mit seiner Schwester Maggie zu paaren, erhielt ich wieder einen Anruf - man hatte den Kater zur Kastration angemeldet und der vom Tierarzt genannte Preis von 45 EUR erschien der Familie zu hoch. In diesem Fall konnte ich allerdings nicht helfen, bei meinem Tierarzt hatte ich erst wenige Tage zuvor für die Kastration eines Katers 52,50 EUR gezahlt.

Maggie (November 2002)
Maggie, die heute Cindy heißt
Ende März 2003 erhielt ich wieder einen Anruf. Herr B. erklärte, daß er und seine Frau mit der Kätzin Maggie nicht zurecht kämen und bat mich zu kommen. Ich fuhr hin, um die Sache vor Ort zu klären.

Beide berichteten, daß die Kätzin schreckhaft und nervös wäre und die Kinder (nach meiner Schätzung ca. 6 und 9 Jahre alt) angreifen und kratzen würde, diese hätten bereits Angst vor ihr. Sie hätte den Jungen ins Auge gekratzt, so daß er ärztlich behandelt werden mußte. Die Tochter trug allerdings mehrfach vor meinen Augen die Katze auf dem Arm herum und antwortete mir auf meine diesbezügliche Frage, daß sie von der Kätzin nicht gekratzt worden sei.

Weiterhin würde die Kätzin stark haaren, viel miauen, kaum spielen und wäre immer wieder aggressiv gegen den Kater. Sie hätte sich mehrfach im Katzenklo mit Kot verschmutzt (der Kater im übrigen ebenso) und mußte abgewaschen bzw. gebadet werden, wobei sie sich jedesmal stark gewehrt, geschrieen und gekratzt hätte. Schließlich hatte sie Herrn B. so heftig in den Finger gebissen, daß er ärztlich behandelt werden mußte - und zwar als er sie gebürstet hatte. Sie wollten die Kätzin nicht mehr haben.

Einige dieser Behauptungen kamen mir von Anfang an unglaubwürdig vor. So halte ich es für ausgeschlossen, daß die Katze wirklich die Kinder angegriffen hat, wenn diese nur an ihr vorbeiliefen - keine Katze tut so etwas. Andere dieser Schilderungen ließen auf eindeutige Mängel in der Haltung schließen (für 2 Katzen nur 1 Katzenklo, zu wenig Einstreu, als Folge verkoteten sich die Tiere wiederholt) bzw. deuteten auf eine äußerst unsensible Behandlung der Tiere hin (wiederholtes Einfangen und Waschen bzw. Baden, gewaltsames Festhalten - z.T. wohl von 2 Personen - beim Bürsten). Die Art und Weise, wie vor meinen Augen die Kätzin Maggie vor der ausgestreckten Hand von Frau B. so heftig zurückzuckte, daß sie sich dabei den Kopf am Querbalken des Kinderbettes anschlug, legte den Schluß nahe, daß sie mit dieser Hand keine guten Erfahrungen gemacht hatte.

Trotzdem versuchte ich zunächst, die bestehenden Probleme mit Beratung zu lösen. Ich empfahl, wie schon wiederholt zuvor, für die beiden Katzen ein zweites Klo anzuschaffen und mehr Streu einzuschütten. Frau B. wollte das nicht einsehen. Sie berichtete von einer Bekannten, die für 3 Katzen nur ein Klo hätte, und das würde auch ausreichen (die Katzen hat wahrscheinlich niemand gefragt), also müßten ihre zwei auch mit einem Klo auskommen können. Auch daß es für eine Katze einen unerhörten Streß darstellt, wiederholt durch die Wohnung gejagt, eingefangen und gebadet oder gewaschen zu werden konnten sie nicht verstehen - eine Bekannte würde ihre Katze jede Woche baden (Ich frage mich, warum?) und hätte keine Probleme damit. Um nicht mehr gekratzt und gebissen zu werden riet ich, die Katze einfach in Ruhe zu lassen und nicht mehr zu bürsten.

Da sich die beiden Katzen nach meiner Einschätzung gut verstanden und ich sie nicht auseinanderreißen wollte (zumal ich nur sehr ungern Katzen als Einzeltiere in reine Wohnungshaltung abgebe), versuchte ich, Herrn und Frau B. dazu zu bewegen, es mit der Kätzin noch einmal zu versuchen. Dazu waren sie aber nicht bereit. Wir verblieben schließlich so, daß sie eine Bekannte, die Erfahrung mit Katzen hatte, fragen wollten, ob diese evt. die Kätzin übernehmen würde. Danach wollten sie sich wieder melden.

Am Nachmittag des 03.04.2003 rief mich Frau B. völlig entnervt an und sagte wortwörtlich: "Diese Katze miaut ständig, ich halte das nicht mehr aus. Wenn Sie sie nicht sofort holen, dann bringe ich sie jetzt ins Tierheim!". Ich fuhr daraufhin zu ihr und holte die Katze ab. Dabei sprach ich ihr gegenüber auch an, daß Maggie laut Abgabe-Vertrag bis 31.03.2003 hätte kastriert werden müssen. Die inzwischen 9 Monate alte Kätzin war aber noch unkastriert. In diesem Zustand konnte ich sie nicht weitervermitteln. Ich ließ sie deshalb sofort am nächsten Tag kastrieren.

Schon nach wenigen Stunden bei mir zuhause stellte ich fest, daß Maggie ganz anders war, als ich es nach den Schilderungen der Familie B. - man hatte mir sogar erzählt, daß man die Katzen nachts ins Badezimmer sperren würde, da man Angst hätte, die Kätzin würde sonst die schlafenden Kinder angreifen - erwartet hatte. Sie war einfach nur lieb, sehr ruhig, sanftmütig, selbst Fremden gegenüber zutraulich und furchtbar liebebedürftig. Selbst auf heftiges Ziehen am Schwanz reagierte sie nur, indem sie mir mit eingezogenen Krallen die Pfote auf die Hand legte. Ich konnte sie problemlos bürsten, sie schnurrte sogar dabei. Ich begann mich zu fragen, was wohl alles passiert sein mußte, um aus diesem unkomplizierten und lieben, vielleicht ein bißchen sensiblen Kätzchen das kratzende und beißende Monster zu machen, das mir Familie B. geschildert hatte. Und ich begann mir Sorgen um Kater Billy zu machen, der bei ihnen zurückgeblieben war.

Da Familie B. nichts mehr von sich hören ließ - offensichtlich interessierte es niemanden mehr, wie es Maggie ging, und auch den noch ausstehenden Impfpass brachte mir niemand vorbei - rief ich 10 Tage später bei ihnen an, um ihnen meine Erkenntnisse zu schildern. In diesem Gespräch wollte ich abklären, ob sie bereit und in der Lage wären Ihre Katze Maggie zurückzunehmen und in Zukunft liebevoller und einfühlsamer zu behandeln. Offen war für mich auch die Frage, ob ich es verantworten konnte, trotz ihrer offensichtlichen Verständnisschwierigkeiten im Umgang mit Katzen den Kater Billy bei ihnen zu belassen.

Nach einem ausführlichen Telefongespräch mit Herrn B. hatte ich aber den Eindruck, daß er einsichtig und lernfähig wäre. Die Katze Maggie wollte er nicht mehr zurücknehmen, war aber bereit die Kosten für die Kastration noch zu tragen. Bezüglich des Katers Billy verblieben wir so, daß ich mich 2 bis 3 Monate später wieder melden wollte um einen Besuchstermin zu vereinbaren und mich davon zu überzeugen, daß es ihm gut ging.

Leider schien dies seiner Frau nicht zu gefallen. Etwa eine Stunde nach dem Telefongespräch mit Herrn B. rief sie mich an und überschüttete mich in äußerst aggressiver Tonart mit einer Fülle von Vorwürfen, Behauptungen und Unterstellungen. Einer ihrer ersten Sätze war ein geschrieenes "Den Kater bekommen Sie nie!", dabei hatte ich ihn zu diesem Zeitpunkt garnicht zurückgefordert. Obwohl ich anfangs versuchte, ihr in ruhigem Ton zu antworten bzw. ihre offensichtlich vorhandenen Mißverständnisse aufzuklären gelang es mir kaum zu Wort zu kommen, bzw. hörte sie mir nicht zu. Auf meine Bitte, sich doch zu beruhigen, da man so nicht miteinander reden könne, schrie Sie mich an:" Ich beruhige mich überhaupt nicht!". Da ich mir auf die Dauer diese Tonart nicht gefallen lassen wollte, brüllte ich schließlich zurück. Das "Gespräch" endete damit, daß ich sie aufforderte, mir endlich auch einmal zuzuhören, da ich sonst auflegen würde. Da ihre Reaktion darauf ein gebrülltes "Ich höre Ihnen überhaupt nicht zu!" war, legte ich schließlich auf. Danach war mir in Sorge um den Kater nur noch schlecht.

Bereits 3 Tage später konnte ich Maggie in eine neue Familie vermitteln - eine junge Mutter mit einem einjährgen Kind. Da ich trotz mehrmaliger Nachfragen den zugehörigen Impfpass immer noch nicht bekommen hatte, fuhr ich abends bei der Familie vorbei und übergab Herrn B. (der mich an der Haustür abfertigte) bei dieser Gelegenheit auch die Tierarztrechnung betreffend die Kastration. Außerdem versuchte ich ihm in Bezug auf das letzte Telefongespräch mit seiner Frau zu erklären, daß ich den Kater Billy nicht bei ihm lassen könne, wenn es in Zukunft nicht mehr möglich sein sollte vernünftig miteinander zu reden oder mein Besuchsrecht wahrzunehmen, allein schon da ich selbst dem Verein Arche Noah Kreta e.V. Rechenschaft über den Verbleib der mir anvertrauten Katzen schuldig bin.

Mitte Juli 2003 erfuhr ich von meinem Tierarzt, daß die Rechnung für die Kastration von Maggie noch nicht bezahlt wäre. Ich rief daher bei der Familie an, am Telefon war Frau B.. Zuerst vereinbarte ich mit ihr einen Besuchstermin für den Kater Billy für Freitag den 25.07.2003, 19:00 Uhr. Als ich die unbezahlte Rechnung ansprach entgegnete sie, die Kastration wäre nicht mit ihr abgesprochen gewesen, sie wäre damit nicht einverstanden gewesen. Während ich noch versuchte ihr zu erklären, daß ihr Mann die Zahlung schon zweimal zugesagt hätte und er sich außerdem vertraglich dazu verpflichtet hätte, legte sie einfach auf. Danach nahm trotz mehrmaliger Versuche keiner mehr das Telefon ab. Zum vereinbarten Besuchstermin war niemand zu Hause. Bei einem weiteren Versuch 2 Tage später konnte ich ebenfalls niemanden antreffen. Von der Familie hat sich seither niemand mehr bei mir gemeldet.

Ich habe mich deshalb Anfang August 2003 dazu entschlossen den Kater zurück zu fordern. Auf mein diesbezügliches Schreiben habe ich natürlich keine Antwort erhalten und deshalb die Angelegenheit im Herbst 2003 einem Rechtsanwalt übergeben, der schließlich Klage eingereicht hat. Nach über einem Jahr Warten soll nun am Freitag, 3. Dezember 2004 die Gerichtsverhandlung stattfinden. Und nun ist rechtzeitig vor dem Gerichtstermin Anfang September der Kater entlaufen, angeblich als die Familie im Urlaub war.

Soweit mein Bericht zu einem der trübsten Kapitel in meiner bald fünfjährigen Karriere als Pflegestelle und Tiervermittler. Wenigstens für Einen gab es bislang darin doch ein Happy End: Maggie, die heute Cindy heißt, lebt jetzt seit anderthalb Jahren bei ihrer neuen Familie in Reutlingen. Sie miaut wenig, spielt viel und haart so gut wie garnicht. Vom ersten Tag an hat sie jede Nacht bei der zu Anfang 13 Monate alten Tochter mit im Bett geschlafen, und das Kind ist noch nie von ihr gekratzt worden. Nach eigenen Angaben hat die neue Besitzerin keine Ahnung was man machen muß, damit diese Katze kratzt, geschweige denn beißt, denn diese Katze wehrt sich mit eingezogenen Krallen.

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www.kretakatzen.de 27.11.2004 Top